Das Denken mit allen Sinnen

„Die Erkenntnis, die nicht durch die Sinne gegangen ist, kann keine andere Wahrheit erzeugen, als die schädliche“  Leonardo da Vinci

Mit dieser polarisierenden Aussage beschreibt da Vinci die Wichtigkeit ganzheitlicher Erfahrung im Zusammenhang mit grundlegenden Erkenntnissen und den damit verbundenen Entscheidungen.

In der Solozeit spüren wir unsere Sinne deutlicher. Fasten, Einsamkeit, Stille, das Fremde und Unbekannte im Innen und Außen und das ausgesetzt Sein in den Elementen machen uns empfänglicher für die Botschaften unserer Sinne.
Wir haben Zeit, zu hören, was unsere Intuition über die Sinne erfährt, verarbeitet und uns über Bauch und Herz mitteilt. Der Verstand erhält dann den klaren Auftrag, diese „Subjektivität“ in objektiv verständliche Sprache zu bringen. Das nenne ich dann eine Umkehrung dessen, dass wir oft dem Verstand folgen und uns hinterher über Bauchschmerzen und Herzrasen beklagen.

Die Solozeit, auch bei Naturaufgaben kürzeren Formates, ist auch eine Gelegenheit, sich aus dem „Gefängnis“ der Objektivität der scheinbaren Gewissheit „das macht man so“ zu befreien und sich der eigenen Subjektivität zu zuwenden. In der Beobachtung und in der sinnlichen Erfahrung von Naturgesetzen und – phänomenen, erfahren wir eine Rückbindung (religio) an die große Vielfalt der Schöpfung und können so unseren manchmal einfältigen persönlichen und gesellschaftlichen Horizont weiten.

Das ist wichtig für das Gleichgewicht zwischen dem Individuum und der Gemeinschaft. Aus diesem Gleichgewicht heraus entstehen Potentiale, die die Kraft des Individuums wachsen lassen und zugänglich machen  für die Bedürfnisse der Gemeinschaft und umgekehrt. So kann aus der Polarität Individuum und Gemeinschaft eine sich gegenseitig befruchtende Beziehung werden. 

Ein „Denken“ mit allen Sinnen macht uns ganz und lässt uns nachhaltiger mit den Themen des Alltags umgehen.